Eine kleine Bahnreise

Auch eine kurze Bahnreise kann sehr erhellend sein. Sie zeigt vor allem, dass die Deutsche Bahn beziehungsweise ihre privaten Pendants – in diesem Fall die zum Transdev-Konzern gehörende Bayerische Oberlandbahn – nicht nur bei Pünktlichkeit und Funktionalität deutliche Schwächen haben, sondern auch in der Kommunikation. Dabei wäre es doch ganz einfach: Die Bahn-Verantwortlichen müssten einfach mal aus der Perspektive des Kunden denken, ein paar flexible Kommunikatoren einstellen und vielleicht etwas in ihre IT investieren. Doch im Detail:

Die Reise soll vom oberbayerischen Piding ins etwa 100 Kilometer entfernte Grafing bei München führen. Eingeplant ist ein etwa zweistündiger Stopp in Traunstein.

Bahn-App leitet in die Irre

Die Bahn-App spuckt allerdings nicht den direkten Weg über Freilassing aus, sondern will die Kunden mit dem Bus in einem weiten Bogen über Bad Reichenhall  und Inzell nach Traunstein schicken, ehe es mit dem Zug weiter Richtung München gehen soll. Alternativ schickt einen die App über Freilassing und Mühldorf nach Grafing. Beide Varianten sind deutlich länger als die Hauptstrecke. Das ist seltsam, denn nirgendwo ist eine Störung auf der Strecke Freilassing – Traunstein angegeben – nicht in der Bahn-App, wie auch sonst im WWW nicht.

Aber gut, dann fahren wir eben über Mühldorf. Der Aufenthalt in Traunstein muss dann halt ausfallen. Der Zug BRB S4 mit Abfahrt in Piding um 11:05 Uhr hat laut Ansage fünf Minuten Verspätung. Das ist nicht allzu viel, allerdings fragt man sich, wie es die Bahn schafft, auf dieser Strecke eine Verspätung aufzubauen. Denn der Startpunkt der BRB S4 ist Berchtesgaden, gerade einmal rund 20 Kilometer entfernt. Wenn 20 Kilometer gleich fünf Minuten Verspätung sind, dann wären 100 Kilometer… Okay, das ist vielleicht ein bisschen böse gedacht.

In der BRB S4 sollte man keinen Blasendruck haben, denn die Toilette ist außer Betrieb. Außerdem baut der Zug beim nächsten Halt noch etwas mehr Verspätung auf, da er auf einen Gegenzug warten muss. Der Umstieg in Freilassing in den Zug nach Mühldorf könnte damit spannend werden. Die Zugbegleiterin macht eine Durchsage: Ob und wie Anschlüsse in Freilassing erreicht werden, kann sie leider nicht sagen, da ihr dazu keine Informationen vorliegen. In der Tat wäre es zu viel verlangt, dass die Bahn weiß, wo und wann sich ihre Züge befinden oder ob diese irgendwo auf einen Anschlusszug warten werden. Kommunikation ist schließlich eine komplexe Sache.

Toilette defekt, keine Infos zum Anschluss

Freilassing. Die Bahnhofsdurchsage teilt mit, dass neben dem Zug nach Mühldorf auch der Meridian nach München über Traunstein und Rosenheim noch erreicht werde. Wie? Jetzt doch? Laut Bahn-App fährt dieser Zug doch gar nicht. Das ist mal eine unerwartete, immerhin positive Überraschung. Also sehr kurzfristig den Reiseplan umwerfen – doch Traunstein statt Mühldorf. Allerdings wird der Meridian auch nur deshalb erreicht, weil Grenzschutzbeamte eine Kontrolle der aus Salzburg gekommenen Fahrgäste vorgenommen haben und der Zug daher rund zehn Minuten warten musste.

Die etwa 15-minütige Fahrt nach Traunstein verläuft ereignislos. Erwähnenswert wäre lediglich, dass die Toilette defekt ist.

Nach rund zwei Stunden Aufenthalt in Traunstein beschließen wir, einen Meridian um 13:44 Uhr in Richtung Rosenheim und München zu nehmen. So zumindest die gedruckte Fahrplanauskunft am Bahnhof Traunstein. Die Bahn-App will uns hingegen wieder auf einem Umweg über Mühldorf und Wasserburg leiten. Mittlerweile haben wir aber gelernt, dass man die Informationen der App in die Tonne treten kann. Was zählt, ist die Realität. Und die lautet: es gibt einen Meridian auf der direkten Strecke, wenngleich dieser ohne Ankündigung zehn Minuten verspätet einfährt. Nein, natürlich braucht man die Fahrgäste darüber nicht informieren. Die stehen ohnehin am Bahnsteig und warten. Übrigens, die Toilette funktioniert!

Umsteigen in Rosenheim in einen anderen Meridian, der auch in Grafing Bahnhof hält. Eine junge Frau würde gerne die Bordtoilette benutzen. Eine Stimme sagt ihr, dass diese derzeit besetzt sei. Die Frau wartet. Sie hat das Schild nicht gesehen: Toilettentür defekt. Zwei unterschiedliche Auskünfte zum Thema Toilette passen zur Bahn – man darf sich eine aussuchen.

Kommunikativ in der Steinzeit

Mal unabhängig davon, dass es die Deutsche Bahn oder in diesem Fall die Bayerische Oberlandbahn beziehungsweise Transdev immer wieder mit technischen Defekten oder Arbeiten am Streckennetz zu tun haben, die zu Verzögerungen führen: wieso schaffen es diese Unternehmen nicht, ihre Fahrgäste wenigstens korrekt und rechtzeitig über Änderungen im Ablauf zu informieren, sei es am Bahnhof, im fahrenden Zug oder in der digitalen Welt? Kommunikativ leben die deutschen Bahngesellschaften offensichtlich noch im Vorgestern.

Übrigens, wie heißt es auf der Webseite von Transdev: „Fahrgäste erwarten nicht nur pünktliche und regelmäßige Bahnverbindungen. Modern ausgestattete Fahrzeuge und einen guten Service (sic) gehören dazu. … Bei Transdev stehen deshalb ein attraktives Bahnangebot und die Nähe zum Fahrgast im Mittelpunkt.“

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