27.4.2022, mehr als zwei Monate dauert der Krieg Russlands gegen die Ukraine nun schon an. Wirft man einen Blick auf die Gesamt-Gemengelage, zeichnet sich ein düsteres Bild. In Summe dreht sich die Eskalationsspirale weiter nach oben. Das mag beim Blick auf einzelne Ereignisse nicht zu erkennen sein, doch addiert man die jüngsten Maßnahmen und Entwicklungen, wird deutlich: die Lage wird jeden Tag gefährlicher.
Nicht nur die Ankündigung eines ranghohen russischen Militärs, dass nicht nur die Ostukraine, sondern auch die Südukraine Ziel der russischen „Sonderoperation“ sei, war qualitativ ein neuer Schritt. Nun könnte Moskau auch seine Truppen in der okkupierten moldawischen Region Transnistrien aktivieren und von dort aus Richtung Odessa marschieren. Mehr noch: Ganz Moldau könnte das Objekt russischer Begierde werden. Die Region läge für Moskau quasi am Wegesrand und wäre nichts als eine schnelle Zwischenmahlzeit. Niemand würde Gegenwehr leisten – die Moldawier wären dazu nicht in der Lage, und der Westen würde auch hier, wie im Falle der Ukraine, keine direkte Konfrontation mit Moskau riskieren.
Derweil schwadroniert der russische Außenminister Lawrow vor laufender Kamera von der Möglichkeit eines dritten Weltkriegs, und russische Gaskonzerne stellen die Lieferung nach Polen und Bulgarien ein. Die vermeintliche Gewissheit, dass Russland selbst in schwierigsten Krisenzeiten die Gasversorgung des Westens aufrecht erhält, gilt damit nicht mehr. Eine vermeintliche Konstante nach der anderen bricht in diesen Tagen weg.
Nebenbei bombardiert Russland zunehmend ukrainische Eisenbahnstrecken, vor allem, um die Lieferung westlicher Militärgüter in das Land zu behindern. Putin selbst lügt derweil UNO-Generalsekretär Antonio Guterres vor der Kamera frech ins Gesicht: „Ich sag´s noch einmal: Wir führen in den Gebieten eine Notaktion durch, um das Leid der Menschen zu beenden. Leider nimmt der Westen davon keine Notiz.“ Zynischer und menschenverachtender geht nicht.
Zum Eskalationsbild gehört auch, dass der Westen immer massiver Waffen in die Ukraine liefert und damit aus russischer Deutungssicht zunehmend den Status einer Kriegspartei einnimmt. Eine Verhandlungslösung erscheint zudem derzeit so weit weg wie nie zuvor in diesen Wochen.
So ist das Gesamtbild: Die Eskalationsspirale dreht sich auf bedrohliche Weise weiter – wohin?