„Me Too“-Hysterie in der Süddeutschen Zeitung

Die Süddeutsche Zeitung veröffentlichte in ihrer Ausgabe vom 15./16. Juni 2019 ein Foto, das nach Ansicht der Autorin sexistische Werbung zeigt:

Interview Interview

Dazu führte die Autorin folgendes Interview:

„Wenn Frauen lachen, da gibt’s nichts Schöneres“

Was tun bei sexistischer Werbung? Wir haben bei Sägewerksbesitzer Rüdisühli angerufen, der gerade mit einem Plakat für „Holz vor der Hütte“ wirbt, und gefragt: Was haben Sie sich dabei gedacht?

Interview von Tanja Rest

Parallelwelten im „Me Too“-Zeitalter: Während sich in der einen Wirklichkeit eine feministisch hoch sensibilisierte Gruppe die Köpfe zerbricht über die Frage, ob man Frauen noch in den Mantel helfen darf, Quoten für die Besetzung von Führungsjobs braucht und das Binnen-I verpflichtend einführen sollte, fungieren in der anderen Wirklichkeit Frauen noch als freizügige Postergirls, mit denen man zum Beispiel Holz verkaufen kann. Ein Anruf bei Rodolfo Rüdisühli, der im Schweizer Grenzort Martina ein Sägewerk betreibt.

SZ: Herr Rüdisühli, eine Kollegin kam bei einer Radtour nach Meran kürzlich an Ihrem Plakat vorbei und hat mir ein Foto davon geschickt. Sie wissen, von welchem Plakat die Rede ist?

Rodolfo Rüdisühli: Jaja, ich kenn das schon.

Auf dem Plakat sieht man vier auf dem Bauch liegende Frauen im tief ausgeschnittenen Dirndl, der Busen quillt einem praktisch entgegen. Über den Frauen steht: „Wir haben Holz vor der Hütte.“ Drunter: „… greifen Sie zu!“

Ja.

Finden Sie das Plakat gelungen?

Wenn ich’s nicht gelungen fände, hätte ich’s nicht gemacht.

Worauf genau bezieht sich das „Greifen Sie zu“?

Ja gut, wir sind ein Sägewerk, und auf dem Plakat ist Holz zu sehen.

Weil das nämlich nicht ganz klar wird, dass das Holz gemeint ist. Verstehen Sie, was ich meine?

Jaja.

Was haben Brüste mit Holz zu tun?

Das sind ja keine Brüste, sondern das sind Frauen, die lachen. Die haben ein Dirndl an und sind gut gekleidet.

Man guckt ihnen aber direkt in den Ausschnitt.

Ja, wenn man das will, schon. Man kann aber auch aufs Holz schauen.

Sie können sich aber schon vorstellen, warum ich anrufe?

Bis jetzt hab ich nur positive Reaktionen bekommen.

Es hat sich noch niemand beschwert?

Nein, nein, überhaupt nicht.

Kennen Sie die vier Frauen auf dem Plakat?

Ja, die kenne ich alle persönlich, das sind Kolleginnen von mir. Also die arbeiten nicht bei mir im Sägewerk, aber ich kenne sie privat.

Und die haben da gerne mitgemacht?

Die haben mir das offeriert.

Das Motiv war deren Idee?

Ich habe gesagt: Das wär doch eine Werbung. Und dann haben sie gesagt: Ja. Also die haben gerne mitgemacht.

Und der Spruch „Holz vor der Hütte“, das war auch Ihre Idee?

Ich meine, wir sind ein Sägewerk. Ein Sägewerk hat Holz vor der Hütte.

Und offenbar auch Brüste.

Also das Dirndl, wenn das nicht okay ist, dann versteh ich das Ganze nicht. Die Frauen sind richtig anständig gekleidet.

Es gibt seit einiger Zeit eine weltweite Debatte unter dem Stichwort „Me Too“, haben Sie von der mal gehört?

Nein, hab ich noch nicht.

Bei der Debatte geht es um sexuelle Übergriffe auf Frauen, aber auch um alltäglichen Sexismus. Zum Beispiel um sexistische Darstellung von Frauen in der Öffentlichkeit. Zum Beispiel auf Ihrem Plakat.

Von mir dazu kein Kommentar.

Herr Rüdisühli, haben Sie Familie?

Jaja.

Vielleicht auch eine Tochter?

Ist ja egal, eigentlich.

Sagen wir, eine der vier Frauen über dem „… greifen Sie zu!“ wäre Ihre Tochter, wäre Ihnen wohl dabei?

Es geht ja ums Holz und nicht um die Mädchen.

Warum sind sie dann drauf?

Weil wenn ich Holz draufmache, dann schaut niemand hin.

Ach so.

Es geht um das Lachen der Frauen.

Komisch. Mir kommt es so vor, als ginge es eher um die Brüste.

Ich schau doch nicht auf die Brüste.

Sie hätten die Frauen auch hinstellen können.

Und dann sieht man die Beine, ist das besser?

Das wäre schon etwas besser, ja.

Also, ihr Deutsche habt irgendein Problem mit dem Theater.

Sie finden, wir Deutsche stellen uns an?

Ja, das denke ich schon. Ihr schaut das anders an als wir. Wenn Frauen lachen, da gibt’s ja nichts Schöneres, oder? Wieso macht ihr ein Oktoberfest, sagen Sie das mal, wieso macht ihr das?

Gegen lachende Frauen im Dirndl hat keiner was. Aber lachende Frauen im Dirndl, denen man zwischen die Brüste fotografiert hat, um dann Holz zu verkaufen, das ist sexistisch.

Man sieht doch keine Brüste! Man sieht vielleicht das Dekolleté.

Noch mal die Frage: Wenn Ihre Tochter da liegen würde, das wäre in Ordnung?

Wieso sollte sie nicht mitmachen? Ja sicher, da sehe ich kein Problem. Wenn meine Frau ein bisschen jünger wäre, hätte ich sie auch noch draufgestellt.

Aber nur, wenn sie jünger wäre.

Also es muss ja auch noch gut aussehen.

Halten wir fest: Sie finden das Plakat gelungen, Beschwerden gab es nicht, die Frauen haben gerne mitgemacht, und darum bleibt das Plakat, wo es ist.

So ist es.

Wenn ich Ihnen jetzt mitteile: Mich als Frau stört es – was sagen Sie dazu?

Was soll ich dazu sagen? Das ist dann halt Ihre Meinung.

 

Darauf ein Schreiben von Blog-Betreiber Thorsten Schüller an die Autorin des Interviews, Tanja Rest: 

Sehr geehrte Frau Rest,

mit Interesse habe ich, Mann, Ihren Beitrag über das angeblich frauenverstörende Werbeplakat eines Schweizer Sägewerkbetreibers gelesen. Trotz Ihres nachhaltigen Versuchs, dem Interviewten eine frauenverachtende und sexistische Haltung zu unterstellen, muss ich Ihrem Gesprächspartner Recht geben: Hier ist kein Busen zu sehen! Hier sind züchtig angezogene Frauen zu sehen. Gut, man hätte ihnen noch einen Pullover oder eine Jacke verpassen können, damit sie dem modernen und züchtigen Zeitgeist, den Sie in Ihrem Beitrag predigen, entsprechen.

Natürlich ist das Plakat in Bild und Wort simpel gemacht, und versucht es mit einem uralten Trick: Wenn schon das Produkt (Holz) nicht zieht, dann vielleicht eine (vier) attraktive Frauen. Das ist nicht sehr intelligent, aber vielleicht funktioniert es. Hier liegt aber keine knackige Nackte quer vor dem Holzstapel, sondern wir sehen züchtig gekleidete und lächelnde Frauen. Auch in diesem Punkt (Lachen) hat Ihr Gesprächspartner recht.

Liebe Frau Rest: Man kann die „Me Too“-Debatte auch hysterisch bis zum Exzess betreiben. Die meisten Frauen, die ich kenne, schätzen es, wenn man ihnen Komplimente wegen Ihres Aussehens macht. Ich sehe täglich Dutzende von Frauen, die aus freien Stück und bewusst in kurzen Rücken, tiefen Ausschnitten und mit langen Beinen herumlaufen. Ich gestehe: ich schaue diese Frauen gerne an (wahrscheinlich ist das anzüglich, ich sollte ein schlechtes Gewissen haben). Ich habe auch den Eindruck, viele Frauen schätzen es, wenn man sie aufgrund ihrer Attraktivität betrachtet (ohne gleich über sie herzufallen).

„Me Too“ (eine Bewegung, die darauf zurückgeht, dass Frauen nach 20 Jahren einfällt, dass sie sexuell belästigt worden sind) hat etwas bewirkt: Im Berufsalltag betrachte ich Frauen mittlerweile nur noch als sächliche Wesen. Jegliche Kommunikation mit dem weiblichen Geschlecht ist auf das Sachliche beschränkt. Man(n) will sich nichts, überhaupt nichts, nachsagen lassen. Zudem muss man(n) heutzutage mit jeder Formulierung vorsichtig sein, das geben schon die Ethik-Kodizes der Unternehmen vor. Will man frei und von der Leber weg reden, sollte man mit Männern reden! Glückwunsch zu dieser politisch korrekten Entwicklung.

Übrigens: Würde ich mich aufregen, wenn ein nackter Mann auf dem von Ihnen gezeigten Plakat zu sehen wäre? Es wäre mir egal. Und: Gehen Sie mal in das Cafe Winklstüberl am Fuße des Breitensteins: Wenn sie dort Kaffee und Kuchen bestellen, blicken sie als Mann ungefragt und zwangsweise tief auf den hochgezurrten und weitgehend offenen Busen von Mittfünfziger-Frauen. Darauf würde ich dann doch gerne verzichten.

Mit freundlichen Grüßen

Thorsten Schüller

Nachtrag: 

Bei längerem Nachdenken über den Beitrag von Frau Rest wird immer klarer, was im Kern hier nicht stimmt: Es ist die journalistische Form, aus der die Autorin hinaus fällt. Jegliche Objektivität wird hier von ihr fallen gelassen. Sie überfällt ihren Interviewpartner mit einer vorgefertigten Meinung, zwingt ihn in die Ecke und geht auf seine Ausführungen nicht ein.  Vielmehr versucht sie krampfhaft, ihn mit ihrer Meinung des Bildes ein schlechtes Gewissen einzureden. Fast könnte man den Eindruck haben, sie arbeitet ein persönliches Erlebnis auf.

Und noch eines: Frau Rest benutzt den Begriff „Me Too“. Sie tut es verzerrt. Denn „Me Too“ bezeichnet im Kern den sexualisierten Machtmissbrauch von Männern gegenüber Frauen.  „Me Too“ meint nicht alltäglichen Sexismus.

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