Teil 2: Besteuert das Flugbenzin
Während der erste Quick Win darin besteht, etwas billiger zu machen, nämlich das Bahnfahren, geht es im zweiten politischen Quick Win der neuen Regierung darum, im Sinne unserer Umwelt etwas teurer zu machen – das Fliegen. Es ist eine alte, aber bislang weitgehend ungehörte Forderung, endlich auch das Flugbenzin zu besteuern. Tatsächlich versteht kaum jemand, wieso auf Benzin und Diesel für unsere Autos erhebliche Steuern lasten, auf dem Flugbenzin aber keine; wieso ein Flug von München nach Berlin oder von Frankfurt nach Rom teilweise billiger zu haben ist als eine Fahrt mit der Bahn.
Fliegen ist viel zu billig. Die Kluft zwischen dem, was wir zahlen und dem, was diese Art des Reisens tatsächlich kosten müsste, ist riesig. Wie kann es sein, dass die Reise mit einer Maschine, die 75 und mehr Tonnen wiegt, auf elf Kilometer Höhe hinaufkatapultiert werden muss, mit 800 Stundenkilometern dahingleitet und uns 2000 Kilometer weit bringt für den Preis eines gehobenen Restaurantbesuchs zu haben ist?
Für 70 Euro in den Overtourismus
Natürlich nehmen wir diese Angebote gerne wahr und lassen uns für 70 Euro in zwei Stunden nach Barcelona jetten. Nur, es ist ein umweltpolitischer Luxus, den wir uns in Zeiten, in denen das Klima dieser Welt zu kippen droht, schlichtweg nicht mehr leisten können. Und seien wir ehrlich: Der Erholungsfaktor einer erdgebundenen Reise nach Regensburg oder Schwerin, der Erholungsfaktor eines Ausfluges in den Wester- oder Bayerischen Wald ist mindestens ebenso hoch, wie in Overtourismus-Destinationen mit tausenden gleichgesinnten Billigurlaubern durch Innenstadtgassen zu strömen.
Die steuerliche Bevorzugung von Flugbenzin ist vor Jahrzehnten eingeführt worden, um die weltweite Luftfahrt zu fördern. Es scheint, als sei es schwierig bis gar unmöglich, dieses einmal gegebene Steuergeschenk wieder einzukassieren. So klagen Airlinemanager, dass die Steuerung einer Fluggesellschaft bereits mit Subventionen ein beinhartes Geschäft sei, in dem die Belegung weniger Sitze mehr oder weniger darüber entscheidet, ob das Unternehmen in den roten oder schwarzen Zahlen fliegt.
Service war mal
Entsprechend wird an der Kostenschraube gedreht, entsprechend ist der einstige Reiz, gar die Exklusivität des Fliegens längst dahin. Fliegen ist wie Busfahren: Zusammengepfercht wie in einer engen Dose müssen die Passagiere ein, zwei oder mehr Stunden weitgehend regungslos auf unbequemen Sitzen ausharren, ehe sie das Gefängnis wieder verlassen dürfen. Service war mal. Wer ein Ticket kauft, erwirbt die reine Transportleistung. Bei Tui Fly beispielsweise kostet alles extra – der Wunsch-Sitzplatz, das Gepäck, selbst der Kaffee. Auf die Frage nach einer Zeitung lacht die Kabinenbedienung kurz auf, als hätte man eine unverschämte Frage gestellt.
Immerhin hat die EU nun die Absicht geäußert, einen Mindeststeuersatz für Flugkraftstoffe durchsetzen und damit nach jahrelanger Diskussion die Steuerfreiheit für Kerosin abschaffen zu wollen. Dieser Schritt würde mehr freien Markt in eine gepamperte Branche bringen. Und er würde mehr Chancengleichheit der verschiedenen Verkehrsträger erzeugen. Ob dieser Plan der EU allerdings Realität wird, ist noch nicht ausgemacht.
Bis dahin könnte sich die neue deutsche Regierung gemäß ihrem Anspruch fortschrittlich zeigen und von sich aus aktiv werden. Sicher würde der Einwand kommen, dass Deutschland als einzelnes Land es sich nicht erlauben könne, einseitig Steuern auf Kerosin zu erheben. Doch, das können wir. Der deutsche Markt ist für Fluggesellschaften viel zu wichtig, als dass sie wegen Benzinsteuern in einem Bogen darum herum fliegen würden. Zugleich würde die neue Regierung deutliche Zeichen für andere Nationen setzen.
Fokus auf die wirklich wichtigen Reisen
Sicher, die Effekte wären für uns alle etwas schmerzlich. Den Billigflug nach irgendwo gäbe es dann in der bisherigen Form nicht mehr. Das wiederum würde uns zwingen, zu entscheiden, welche Reisen uns wirklich wichtig sind, statt zu sagen: Ach, fliegen wir mal übers Wochenende nach Kopenhagen, das kostet ohnehin fast nichts.
Vor allem aber die Umwelt würde es uns danken. Wenngleich manche Leute immer wieder sagen, dass der Anteil des Luftverkehrs am gesamten CO2-Aufkommen gar nicht so hoch sei, so ist er doch ein Element in dieser Kette. Es würde gut ins Konzept der Klimaregierung passen, den schädlichen Einfluss dieses Elementes zu reduzieren. Es könnte schnell geschehen. Und wenn die Flugzeughersteller unter diesem Druck eines Tages mit dem emissionsfreien Antrieb auf den Markt kommen, können wir vielleicht auch wieder sorgenfrei einen Kurztrip nach Malle machen.
Teil 3 erscheint am 14. Dezember 2021