Sudelfeld – das besudelte Feld

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Auf der Homepage der „Vereinigte Liftbetriebe Sudelfeld“ heißt es:

„Im Skiparadies Sudelfeld wurde nach langjähriger Planung und detailreichen Genehmigungsverfahren im Sommer 2014 mit den Baumaßnahmen begonnen, die das umfassende Modernisierungskonzept im Skigebiet vorsieht. Zur Wintersaison 2014 wurde Phase I abgeschlossen, die eine Erweiterung der bestehenden Beschneiungsanlagen, den Bau eines Naturspeicherteichs und den Bau einer 6er-Sesselbahn am Waldkopf samt monderner Servicestation im Bereich der Talstation beinhaltet.“

Wie schön, dass am Fuße des Wendelsteins ein „Paradies“ zu finden ist. Zwölf Millionen Euro soll der erste Bauabschnitt mit Modernisierung der Beschneiungsanlage und neuem Sessellift gekostet haben. Dieses Paradies sieht durch den Bau des gewaltigen Speichersees allerdings reichlich be-sudelt aus. Neben dem neuen Kratersee, für den die Bagger tiefe Wunden in die Landschaft rissen, ragen dutzende Beschneiungslanzen in die Luft und blasen fauchend weiße Bänder in vielfach grüne Winterlandschaft.

Offensichtlich versuchen hier die örtlichen Gemeinden und Liftbetreiber im Kleinen dem globalen Klimawandel zu trotzen und die Illusion vom Skifahren in den Bayerischen Vorbergen aufrecht zu erhalten. Auch wenn man da sprachlich noch etwas nachhelfen muss, damit es jeder kapiert – siehe Paradies. Dabei hält sich das Vergnügen in Grenzen wie jeder weiß, der mit nicht 100prozentig geschliffenen Skikanten schon mal über verhärteten Kunstschnee gerutscht ist.

Immerhin, der maximale Energieverbrauch der Sudelfeld-Beschneiungsanlage soll selbst in einem schneearmen Winter lediglich 430.000 kWh betragen – das entspreche einem jährlichen Verbrauch von 79.120 kg CO2.

Wir sind beeindruckt: Knapp 80 Tonnen CO2. Also fast nichts. Zumindest sei dies, so die Betreiber, zu rechtfertigen, da durch den Ausbau des Skigebietes viele Skifahrer auf die Anreise in weiter entfernte Skigebiete verzichten würden.

Das allerdings ist fraglich, wenn man sich die Sudelfeld-Landschaft einen Tag vor Weihnachten 2014 betrachtet: Grün. Warm. Kein Schnee. Gut, die Tage darauf setzte Schneefall ein, aber die Natur gab mal wieder die Richtung vor. Übrigens: Grün war auch der Winter 20013 am Sudelfeld. Wer dort auf dem mühsam beschneiten weißen Etwas über Eisplatten und Steine rutschte, musste schon unter erheblichen skifahrerischen Entzugserscheinungen leiden.

Bei einem Ortsbesuch stellt man zudem fest, dass sich die Aufgeschlossenheit der Ansässigen vor den Veränderungen der Natur paart mit einer ausgesprochenen Freundlichkeit gegenüber den Gästen: Parkverbote allenthalben entlang der Sudelfeldstraße. Damit dies auch alle mitkriegen, hat man auf einer Fläche von 30 mal 30 Metern die Verbotsschilder gleich im Dutzend aufgestellt. Offensichtlich sind die Schilderaufsteller der Meinung, dass ihre Besucher blind und begriffsstutzig sind. Auf den großen Parkplätzen, wo tagsüber die Skifahrer ihre Autos abstellen sollen, darf man nachts übrigens nicht parken – die Logik dahinter erschließt sich nicht wirklich. Man gewinnt auf jeden Fall den Eindruck: Die Gemeinden zu Fuße des Sudelfeld sind ausgesprochen weltoffen und aufgeschlossen.

Übrigens: Andere Kommunen haben die Klimakarten anders gelesen als die Sudelfelder Bürger und setzen auf neue, sanftere Formen des Tourismus statt Brachialtourismus. Vent, Ramsau oder das oberbayerische Achental zum Beispiel. Dieser Weitblick scheint in Bayrischzell durch den Wendelstein und das Sudelfeld jedoch verstellt.

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Etwas geht…

Udo Jürgens ist tot. Joe Cocker ist tot. Diejenigen, die heute 40, 50 oder älter sind – wir sind mit diesen Musikern groß geworden. Jürgens und Cocker haben uns verlassen, im Abstand von nur einem Tag. Wir verneigen uns tief vor ihnen, vor diesen großartigen Künstlern!

Diese späten Dezembertage 2014 sind ein Einschnitt. Jeder muss einmal gehen. Nun, sehr plötzlich, auch diese Beiden! Die Abruptheit Ihres Gehens macht uns nachdenklich und sentimental. Nichts nach ihnen wird sein wie vor und wie mit ihnen. Ihr Verlust ist unersetzlich, Und er zeigt in aller Unbarmherzigkeit die Vergänglichkeit unserer Existenz.

Noch einmal erschallt „Griechischer Wein“, und ein Schauer läuft über unseren Rücken. Das Leben ist vergänglich, das ist uns einmal mehr deutlich geworden. Genießen wir es so lange, wie wir können. Danke Udo! Danke Joe!

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Wie die Feuerwehr

Seit vielen Jahren dämmen die Deutschen wie verrückt die Außenwände ihrer Häuser. Die Regierung fördert diesen Aktionismus, die Baustoffindustrie verdient daran Milliarden.

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Nach einem Bericht des Spiegel stellen nun die Bauminister der Bundesländer fest: Die Styroporplatten fangen rasend schnell Feuer.

Da denken wir uns: Ach was. Um das zu wissen, muss man doch kein Experte und Bauminister sein. Wir haben schon als Kinder festgestellt, dass das Zeug brennt wie Zunder.

Und wir fragen uns: Wieso brauchen diese angeblichen Experten viele Jahre, um solch einen Versuch auf die Beine zu stellen und zu dieser überraschenden Erkenntnis zu kommen? Wieso lassen die uns erst Millionen von Quadratmetern Brandbeschleuniger an die Hauswände kleben, ehe sie mit dieser Nachricht um die Ecke kommen?

Nun, wir wollen hier keine Absicht unterstellen. Die Fachleute haben mit diesem komplizierten Versuch eben etwas länger gebraucht. Muss man verstehen: Das muss geplant, abgewägt, durchgeführt und analysiert werden.

Dumm gelaufen für all jene, die das Zeug nun an ihrem Haus haben. Ab sofort: Rauchen auf dem Balkon verboten. Wir empfehlen: Abriss aller Wärmedämmungen und Neudämmung mit nicht brennbaren Materialien. Die Baustoffindustrie stellt schon mal den Sekt kalt.

Anschließend werden die Bauexperten dann feststellen, dass man das leicht entzündbare Styropor gar nicht hätte abreissen müssen. Weil nämlich die feuchte Schimmelbildung, die durch die Platten erzeugt wird, die Brandgefahr kompensiert. (Foto: Pixabay)

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Macht, Middelhoff und das Sein

Heute, am 14. November 2014, wurde das Urteil gegen den früheren Bertelsmann-, Karstadt- und Arcandor-Chefmanager Thomas Middelhoff gesprochen: Drei Jahre Haft. Ihm wurde unter anderem vorgeworfen, mit dem Hubschrauber ins Büro geflogen zu sein. Nun, wer macht das nicht? Spiegel-Online-Redakteur Christian Rickens hat dazu einen interessanten Kommentar über den Einfluss von Macht auf den Menschen geschrieben. Tenor: Wer Macht hat oder dazugewinnt, verändert sich und tendiert zu einem rücksichtsloseren Verhalten. Er nutzt seine Macht aus.

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Das Fatale daran: Dieser Mechanismus funktioniert auch anders herum. Wer Macht verliert, verliert häufig auch an Eloquenz, Charisma, Überzeugungskraft. Der Auftritt eines Machtlosen ist fahler als der eines Machtinhabers. Wer nicht über einen starken Charakter verfügt, sackt bei Machtverlust in sich zusammen und strahlt dies – wenn auch unbewusst – aus.

Beispiel: Degradierung im Job. Sie verlieren ihre Position als Abteilungsleiter und sind plötzlich wieder nur ein Schaf innerhalb der Herde. Haben Sie in Besprechungen bisher den Ton angegeben, fallen Sie nun kaum mehr auf. Zusammengesunken und wortkarg sitzen sie auf ihrem Stuhl und hoffen, dass die Runde sich alsbald wieder auflöst und Sie sich in Ihr Büro zurückziehen können. Sie sehen übernächtigt und gestresst aus, ihre Stimme hat einen unsicheren, unterwürfigen Ton, Ihr Gang ist nach vorne gebeugt.

Noch deutlicher wird diese Entwicklung, wenn Sie Ihren Job komplett verlieren. Anfangs wehren Sie sich noch gegen ihren allmählichen Verfall, wollen ihn nicht wahrhaben. Aber wie eine schleichende Krankheit kommt es über Sie: Sie bleiben morgens jeweils ein bisschen länger liegen und grübeln. Sie setzen sich in Schlafkleidung an den Frühstückstisch statt sich vorher zu waschen, umzuziehen und die Haare zu kämmen. Sie blicken in den Tag und wissen nicht, was mit ihm anzufangen ist. Ihr Gesichtsausdruck, früher fest und forsch, ist nun unsicher, ihr Blick ausweichend. Jedes Mal, wenn Sie nach draußen gehen, müssen Sie sich einen Ruck geben, um eine Fassade aufzubauen, die mit Ihrer wirklichen Verfassung nichts mehr zu tun hat.

Alle spüren es, unbewusst: Ihre Kinder. Ihre Eltern. Ihre Freunde. Falls Sie den Wunsch verspüren, in dieser Verfassung einen neuen Lebenspartner zu suchen – vergessen Sie es! Der potenzielle Partner, die potenzielle Partnerin wird beim ersten Date merken, dass irgendetwas mit Ihnen nicht stimmt.

So ist das Spiel: Die Macht macht mit uns etwas, subtil, schleichend, kaum wahrnehmbar. Wie ein Tropfen, der in unsere Suppe fällt – mal etwas zuviel, mal etwas zu wenig.

Und Thomas Middelhoff? Das Urteil hat ihm die letzten Machtreste genommen. Er bemüht ein Lächeln, doch der tiefe Fall ist ihm anzusehen.

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Herr Weselsky macht auf wichtig

Die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) ist eine kleine Vereinigung, aber sie streikt. Mal wieder. Herr Weselsky, ihr Anführer, hat durchgesetzt, dass mehrere Handvoll Lokstand-Kontrolleure ein ganzes Land in Haftung nehmen. Schon wieder. Bereits in den vergangenen Jahren hatten wir Bahn-Nutzer das Vergnügen, bei niedrigen Temperaturen tagelang am Bahnsteig rumzustehen und auf „unseren“ Zug zu warten. Weil Herr Weselsky – und ehemals sein Vorgänger – es so wollten. Vielen Dank!

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Herr Weselsky hat sich das offenbar von der Gewerkschaft der Lufthansa-Piloten, Vereinigung Cockpit, abgekuckt. Das sind auch nur recht wenige, aber auch die legen ein ganzes Land lahm.

Wie machen das eigentlich andere Gewerkschaften? Der Einzelhandel bestreikt einen Tengelmann, die Müllmänner bestreiken ein paar Tonnen, die Drucker bestreiken eine Regionalzeitung. Das ist ihr gutes Recht, und sie treffen damit ihren Arbeitgeber, um ihre Partialinteressen durchzusetzen. Herr Weselsky und Herr Ilja Schulz, Präsident der Vereinigung Cockpit, treffen nicht nur ihren Arbeitgeber. Sie treffen die gesamte Gesellschaft. Sie tun das bewusst und nehmen uns alle – Millionen – als Geiseln zur Durchsetzung ihrer Interessen.

Nun könnte man fragen: Wieso machen die das? Haben die in jungen Jahren nicht genug Muttermilch abbekommen und suchen nun die Zuneigung im Beifall ihrer Lokführer und Piloten? Oder sind die im Sandkasten dauernd verprügelt worden und sehen nun die Chance, mal einen auf dicke Backe zu machen? So wie ein hyperaktiver Zwergpinscher, der die Passanten mal eben ins Bein beisst.

Die Vermutung ist: Ja! Wenn Männer (und manchmal auch Frauen) groß werden, spielen sie genauso weiter wie damals – nur größer eben. Herr Weselsky, der Mann mit dem seltsamen Schnauzer, wird sich toll fühlen, wenn er Herr der Schlagzeilen ist, die Macht nicht nur über die Züge, sondern auch über die Pendler hat und für ein paar Tage darüber bestimmen kann, ob wir ins Büro kommen oder nicht. Und Herr Schulz dürfte sich ebenfalls sonnen in dem guten Gefühl, dass viele Geschäftsleute ihren Termin in Schanghai und Sao Paulo nun dummerweise nicht wahrnehmen können. Wegen ihm.

Machtmenschen sind in Wirklichkeit arme, bedauernswerte Würstchen. Sie beziehen ihr Ego aus der Funktion, in die sie gehievt worden sind. Macht ist ein wesentlicher Bestandteil ihres Alltags, doch Macht ist kein Mittel, unser Leben und unsere Gesellschaft weiter zu bringen. Üben die Herren Weselsky und Schulz diese Macht auch im Privaten aus? Wenn ja, dann dürfte die Halbwertzeit ihrer Beziehungen begrenzt sein.

Also, lassen wir diese Möchtegerngrossen und ihre Lokführergenossen ein bisschen spielen. Sie werden damit ohnehin scheitern. Und falls wir ihnen persönlich begegnen – bestreiken wir sie: Ignorieren wir sie. Oder besser: Rufen wir ihnen beim nächsten Bahnhofshalt zu, was wir von ihnen halten.

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Tragödie an der Shisha Pangma

Der Münchener Bergsteiger Sebastian Haag und der Italiener Andrea Zambaldi sind an der 8013 Meter hohen Shisha Pangma im Himalaya kurz unter dem Gipfel von einer Lawine mitgerissen und verschüttet worden. Sie wurden nach Angaben ihrer Begleiter nicht gefunden. Mehrere Medien berichten, dass die Beiden tot seien. Damit ist leider zu rechnen.

Shisha Pangma Basislager

Shisha Pangma Basislager

Die Expedition von Sebastian Haag und seines engen Münchener Freundes, Benedikt Böhm, hat sich damit zu einer Tragödie entwickelt. Wir bedauern dies sehr und wünschen den Familien der beiden Bergsteiger viel Kraft!

Vor wenigen Tagen haben wir an dieser Stelle die Frage nach dem Sinn von Speedbegehungen an hohen Bergen gestellt. Genau dies war und ist die Disziplin der beiden Bergsteiger Haag und Böhm: Gipfel, vor allem hohe Gipfel, möglichst schnell zu besteigen – in vielen Fällen unter Benutzung von Skiern. „Double 8“ nannte sich ihr aktuelles Vorhaben: Die beiden 8000er Shisha Pangma und Cho Oyu innerhalb von acht Tagen besteigen und die Strecke zwischen den beiden Bergen mit dem Fahrrad zurücklegen. Wie schreibt Böhm auf seiner Homepage selbstbewusst über sich: „Die Formel 1 des Skibergsteigens“ Und etwas kaltschnäuzig: „Weniger labern, machen.“

Die Tragödie an der Shisha Pangma ist sicherlich nicht auf die Schnelligkeit der beiden Bergsteiger zurückzuführen. Aber möglicherweise auf den Druck, unter dem die Extremsportler standen beziehungsweise sich selbst gesetzt haben. Denn sie betreiben ihren Sport profimäßig und vermarkten ihre Leistungen entsprechend professionell. Im aktuellen Fall haben sie auf Spiegel-Online intensiv über ihre Expedition berichtet. Zahlreiche Sponsoren unterstützen sie auf ihrer aktuellen Tour. Da sind die Erwartungen hoch, das selbst definierte, ambitionierte Ziel auch zu erreichen. Denn letztlich hängt vom Erfolg solch extremer Unternehmungen die eigene bergsportliche Vermarktungsfähigkeit ab. Wer mehrfach sein angekündigtes Ziel nicht erreicht, fällt in der Sponsoren- und Mediengunst zurück.

All dies ist nicht verwerflich, solch ein Verhalten ist nachvollziehbar. Nur: Es ist eben auch sehr riskant. Haag und Böhm hatten nur ein kurzes Zeitfenster, um ihrem hohen Anspruch gerecht zu werden. Konkret bedeutet dies: Entweder, eine solche Mammuttour gelingt jetzt, innerhalb weniger Tage beziehungsweise Wochen. Oder eben nicht. Im letzteren Fall kehren die Bergsteiger mit leeren Händen heim, die große Ankündigung löst sich in Nichts auf.

Bergsteiger, die unter einem hohen Erfolgsdruck in der Öffentlichkeit stehen, gehen im Zweifel Risiken ein, die sie sonst nicht auf sich nehmen würden. In diesem Fall war es die Lawinengefahr. Einige Tage zuvor hatten Haag und Böhm ihren ersten Gipfelversuch wegen zuviel Schnee abgebrochen. Ohne dass wir Außenstehenden die konkreten Verhältnisse in der Gipfelzone der Shisha Pangma am Unglückstag kennen, so ist doch anzunehmen, dass auch bei ihrem zweiten gescheiterten Versuch viel ungefestigter Schnee am Berg hing – offenbar zuviel. Der Autor dieser Zeilen war selbst im Vormonsun 2014 an der Shisha Pangma unterwegs und hat einen Gipfelversuch wegen zuviel Schnee in über 7000 Meter Höhe abgebrochen.

Die Leistungen in allen Sportarten werden weiter in die Höhe getrieben. Beim Bergsteigen nimmt damit in der Regel aber auch das Risiko deutlich zu. Ein Free Solo-Kletterer mag ein Spitzensportler seiner Disziplin sein – er darf sich aber nicht einen Fehler erlauben. Bei Steilwandskifahrern muss jeder Schwung sitzen. Und Höhenbergsteiger, die neue, extreme Routen versuchen oder wie Haag und Böhm möglichst schnell unterwegs sein wollen, übertragen sportliche Höchstleistungen in ohnehin lebensfeindliche Zonen.

Spitzenbergsteiger werden auch weiterhin ihre Leistungen vermarkten. Der Druck, der auf ihnen lastet, ist groß. Das Risiko des Scheitern ebenso. © Bergsturz

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Deutschland, wo bist du?

Allzu weit sind die sieben Bundeswehrsoldaten noch nicht gekommen, die Kämpfern der kurdischen Peschmerga-Armee beibringen sollen, wie man Pistolen, Maschinengewehre und Panzerfäuste im Kampf gegen die IS-Terroristen bedient. Ihre Transall, mit der sie von Deutschland aus fliegen wollten, soll einen Defekt gehabt haben. Nun seien sie mit einem anderen Flugzeug unterwegs, dessen Kennung die irakischen Behörden jedoch nicht anerkennen. Sie hängen in Bulgarien fest.

Das klingt etwas seltsam angesichts der zeitgleichen Nachricht, dass die USA zusammen mit arabischen Staaten in der vergangenen Nacht massive Luftangriffe gegen IS-Terroristen in Syrien geflogen haben. Im Irak sind die Amerikaner bekanntermaßen bereits seit längerem gegen die IS unterwegs. Dabei wurde nicht bekannt, dass sie behördliche Probleme mit der Kennung ihrer Flugzeuge gehabt hätten. Und Herrn Assad sollen sie erst gar nicht gefragt haben, ob sie den Luftraum Syriens benutzen dürfen.

Irgendwie passt das traurige Schicksal der sieben deutschen Ausbilder in diese Zeit. Gestern die Meldung, dass die deutsche Marine kaum noch flugfähige Hubschrauber hat. Beim UN-Klimagipfel in New York werden zahlreiche Staatschefs aus aller Welt vertreten sein, um ein Thema mit gewisser Bedeutung zu diskutieren: Wie kann die Welt vor einem Klimakollaps bewahrt werden? Nur: Unsere Kanzlerin ist nicht dabei.

Wir waren auch bei der Bekämpfung der Ebola-Seuche bisher nicht dabei. Gut, nun wird Deutschland an einer Luftbrücke bauen. Barack Obama hingegen macht Nägel mit Köpfen und schickt 3000 Soldaten nach Westafrika, um die Seuche in den Griff zu bekommen.

Warum auch immer so eine Eile? Die Frage, ob und wie gegen eine Seuche oder Terroristen vorgegangen wird, muss gut durchdacht sein – das dauert eben. Da darf man sich auch von hunderttausenden Flüchtlingen und täglich neu Infizierten nicht treiben lassen.

Alles wird gut: Wenn die sieben deutschen Ausbilder in Bulgarien ausreichend Kaffee getrunken haben, werden sie schon noch weiterfliegen können. Fraglich allerdings, ob es dann für sie noch etwas zu tun gibt. © Bergsturz

Frau_Merkel

 

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Speed am Berg – wer braucht das?

Zwei Bergsteiger geben derzeit mal wieder Gas in großer Höhe: Benedikt Böhm und Sebastian Haag wollen innerhalb einer Woche zwei Achttausender bezwingen. Die Strecke zwischen den beiden Himalayariesen werden die beiden mit dem Fahrrad überwinden.

Shisha Pangma Basecamp, Tibet

Speedbegehung heißt das, was die beiden Mittdreißiger vorhaben. Das ist keine ganz unbekannte Disziplin in den Bergen. Sowohl Böhm und Haag waren in der Vergangenheit bereits flott am Berg unterwegs. Oder Christian Stangl, ein Österreicher, der sich zum Ziel gesetzt hatte, möglichst schnell rauf und wieder runter zu kommen. Und dabei der Wirklichkeit auch schon mal ein bisschen nachhalf, indem er sich auf dem Gipfel wähnte, obwohl er davon noch weit entfernt war.

Aus sportlicher Sicht ist das Höhenrennen sicherlich eine bemerkenswerte Leistung. Das Bergsteigen bringt es allerdings nicht weiter.

Denn letztlich ist es nicht relevant, ob ein Achttausender in 24 oder 48 oder 72 Stunden ab Basislager bestiegen wird. Es ist auch nicht relevant, ob die Eiger-Nordwand in zwei oder zehn Stunden gemacht wird. Oder ob die Nose in Rekordzeit unter Benutzung fragwürdiger Fortbewegungsmethoden (Festhalten an Haken, Hochziehen am Seil) durchrannt wird. Relevant ist in den Bergen der bislang unbestiegene Berg, die neue Route, der neue Schwierigkeitsgrad. Und auch das nur für eine sehr kleine Gruppe von Spitzenbergsteigern.

Die Bergsteiger haben ein Problem: Die meisten alpinen Probleme sind gelöst. Fast alle Gipfel sind bestiegen, die logischen, schönen, anspruchsvollen Routen sind durchstiegen. Was bleibt, ist eine Restmenge an extrem schwierigen und/oder extrem gefährlichen Routen an den Bergen dieser Welt. Das Risiko, diese Touren lebend zu überstehen, ist immens.

Also handeln Alpinisten wie Tiere und greifen in ihrer Not zum Instrument der Übersprungshandlung: Sie suchen sich Ersatzziele beziehungsweise Ersatzherausforderungen. Das Speedgehen am Berg ist so eine Aktivität. Das Schnellgehen ist technisch simpel. Man braucht nur eine möglichst große Lunge dafür. Die kann man sich antrainieren.

Doch genauso wenig, wie die Welt einen Erkenntnisgewinn aus dem Stratosphärensturz des Felix Baumgartner gewonnen hat, hieven Speedbegehungen den Alpinismus auf ein neues Niveau. Irgendwann wird jemand daher kommen, der zwei Achttausender in sieben oder sechs Tagen besteigt. Bitteschön, das ist nett und mag das persönliche Ego stabilisieren. In Wirklichkeit sind derartige Aktionen der verzweifelter Versuch nach ein bisschen Aufmerksamkeit in einer Welt, in der die meisten Rekorde bereits eingestellt sind.

Vielleicht sind die Kinder die wahren Alpinisten von heute. Sie erleben noch den Lauf des Bergbaches, tollen voller Freude im Neuschnee und begeistern sich über den Blick vom 1200 Meter hohen Alpengipfel ins Tal. Wie lange sie dort hinauf gebraucht haben, ist dabei völlig irrelevant.

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